Phantomstrom 2021: 807 Millionen Euro

24, Dezember, 2022 - Lesezeit: 7 Minuten

Quelle:  Tichy´s Einblick

 TEURE WINDSTROM-ÜBERSCHÜSSE

800 Millionen: Noch nie zahlten die Deutschen so viel für nie produzierten Strom

VON REDAKTION

Do, 15. Dezember 2022

Das sogenannte „Phantomenergie“-Phänomen zeigt die Absurdität der Energiewende. Die neue Zahl führt bei Grünen aber nicht zur Einsicht – sondern zur nächsten ideologischen Volte.

An windigen Tagen erzeugen die gut 30.000 Windkraftanlagen Deutschlands viel Strom – und oft zu viel. Weil die meisten und produktivsten Turbinen im Norden des Landes stehen, wo es allerdings zu wenige Abnehmer für den Strom gibt, und sich die Stromtrassen, die überschüssigen Windstrom in den Süden transportieren sollen, noch im Bau befinden, müssen Windparks immer häufiger abgeregelt werden. Für die Strommenge, die die Betreiber theoretisch hätten einspeisen können, wenn es dafür Abnehmer beziehungsweise Leitungskapazität gegeben hätte, erhalten sie von den Netzbetreibern trotzdem eine Vergütung nach den gesetzlichen Tarifen.

Daher rührt der Begriff „Phantomstrom“ – er existiert nur in den Abrechnungstabellen. Der Posten fließt in die Netzentgelte ein, die wiederum auf die Stromkunden umgelegt werden. Im Jahr 2021 zahlten die Verbraucher für den Phantomstrom so viel wie noch nie: insgesamt 807 Millionen Euro für nie erzeugte Energie. Das ergab eine Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei-Bundestagsfraktion. Danach mussten die deutschen Stromkunden insgesamt 5800 Gigawattstunden vergüten, die theoretisch von den Windparks hätten erzeugt werden können. Im Jahr 2020 lag diese Entschädigungssumme noch bei 761 Millionen Euro, 2016 nur bei 373 Millionen Euro.

An den Zahlen wird deutlich: So lange es weder die Nord-Süd-Stromtrassen noch nennenswerte Speicherkapazitäten gibt, verschärft sich das Problem mit jedem weiteren Windrad, das im Norden entsteht. Im Jahr 2021 entfielen 45,4 Prozent der Millionenzahlung für nicht erzeugten Strom auf Niedersachsen, weitere 31,9 Prozent auf Schleswig-Holstein. Trotzdem trommeln sowohl die Grünen in den jeweiligen Nord-Ländern als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck unverdrossen für „Ausbau, Ausbau, Ausbau“ – und zwar den Ausbau der Windkraft- und nicht der Speicherkapazität.

Mit einer besonderen Volte reagierte der niedersächsische Umwelt- und Energieminister Christian Meyer (Grüne) auf die neue Rekordzahl zum Phantomstrom: Auf Twitter machte er aus dem nie erzeugten, sondern nur abgerechneten Strom „nicht genutzten Strom aus Erneuerbaren Energien“ – so, als sei der Strom erzeugt, aber dann aus irgendwelchen Gründen nicht verbraucht worden. Etliche Twitter-Nutzer wiesen auch darauf hin, dass er als Energieminister eine falsche Einheit verwendete, nämlich GW (Gigawatt). Korrekt wäre GWh (Gigawattstunde) gewesen.

Vor allem nutzte Meyer den Phantomstrom-Rekord, um wieder einmal die Abschaltung der Kernkraftwerke zu fordern, die angeblich „Netzverstopfer“ seien. In Wirklichkeit sorgen die drei verbliebenen Atomkraftwerke gerade jetzt in der Dezember-Dunkelflaute dafür, dass die Stromversorgung in Deutschland überhaupt noch funktioniert. Denn Windenergie lieferte in den trüben und windarmen Tagen am Jahresende nur einen Bruchteil ihrer installierten Kapazität.

Solarenergie trug zur Stromproduktion so gut wie gar nichts bei. Mit Stand 13. Dezember erzeugten die drei Atomanlagen mit insgesamt 4,2 Gigawatt installierter Leistung in diesem Monat bisher 1,12 Terawattstunden. Das entspricht gut 70 Prozent der Gesamterzeugung aller Land-Windkraftanlagen Deutschlands, die im Dezember bisher 1,53 Terawattstunden lieferten – allerdings bei einer gut fünfzehnmal größeren installierten Gesamtleistung von 65 Gigawatt. An vielen Dezembertagen trugen Kohle, Gas und Atom 80 Prozent und mehr zur Stromerzeugung bei.

Teure Windstrom-Überschüsse, die niemand braucht, stehen also akuten Strom-Mangellagen gegenüber, an denen Wind und Solar wetterbedingt bestenfalls eine kleine Nebenrolle spielen. Bisher erklärte Meyer genauso wenig wie seine grünen Parteikollegen, wie sie die absehbare Stromlücke im Winter 2023/24 füllen wollen, wenn die Kernkraftwerke nicht mehr zur Verfügung stehen – die eigentlich nötigen Speicher aber auch nicht.