Quelle: Märkische Allgemeine
Bundesverwaltungsgericht weist Beschwerde zurück
Streit um Windräder im Wald: Umweltverein gibt nicht auf und ruft europäische Instanzen an
Die Windräder in einem Wald bei Ferch und Beelitz werden schon gebaut. Der Umweltverein „Waldkleeblatt“ aber gibt nicht auf und will in der Streitsache jetzt europäische Instanzen einschalten. Es geht nicht mehr um die Verhinderung des Windparks, es geht um eine Grundsatzfrage.
23.07.2024, 15:16 Uhr
Ferch/Fichtenwalde. Die Windräder im Wald bei Ferch werden längst gebaut und sollen im November in Betrieb gehen, im Rechtsstreit geben die Gegner des Vorhabens aber nicht auf - trotz einer Reihe juristischer Niederlagen. Der Umweltverein „Waldkleeblatt - Natürlich Zauche“ hat seinen Anwalt beauftragt, in der Sache jetzt europäische Instanzen anzurufen.
„Wir stehen zu unserem Wort. Wir schöpfen alle juristischen Möglichkeiten aus, egal welcher Weg dafür zu gehen ist“, sagte Vereinsvorsitzender Winfried Ludwig. „Wir können nach derzeitigem Kenntnisstand aber nicht den Europäischen Gerichtshof direkt anrufen. Nach einem Telefonat mit unserem Anwalt habe ich es so verstanden: Wir müssen erst die Europäische Kommission anrufen, ob ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet werden kann“, sagte er.
Ferch-Schwielowsee: Es geht nicht mehr darum, den Windpark zu verhindern
Es gehe nicht mehr darum, den Windpark im Wald zwischen Ferch, Fichtenwalde und Beelitz zu verhindern. Dort baut die Firma Notus sechs Windräder. Ein siebtes kommt noch hinzu. An einen Baustopp und Rückbau glaubt auch Ludwig nicht. „Es geht jetzt ums Prinzip und die Grundsatzfrage: Ist das deutsche Recht mit europäischem Recht vereinbar, was Wald-, Umwelt- und Artenschutz betrifft“, so Ludwig.
Er verweist insbesondere auf Gesetzesänderungen auf Bundesebene, die zu einem Abbau von naturschutzrechtlichen Regelungen geführt hätten. Der Waldkleeblatt-Verein will auf höchster Ebene geklärt sehen, ob die Privilegierung der Windkraft und das Zurückfahren von Umwelt- und Artenschutz zugunsten der Energiewende in Deutschland im Einklang mit EU-Recht steht oder dagegen verstößt.
Ludwig verweist unter anderem auf die Einschränkung des Klagerechts für anerkannte Umweltvereine und auf Einschnitte beim Artenschutz, etwa beim bisher geltenden Tötungsverbot streng geschützter Arten wie den Rotmilan. „Inzwischen ist die Betrachtung anders. Es wird jetzt darauf abgezielt: Ist der Bestand insgesamt gefährdet. Es wird also nicht mehr die Situation in dem konkret betroffenen Gebiet betrachtet. Jetzt heißt es: Es gibt an anderer Stelle noch genug von dieser Art“, sagte Ludwig.
Umweltverein Waldkleeblatt: Letzte Möglichkeit, Grundsatzfrage zu klären
Der Waldkleeblatt-Verein handelt hier entgegen dem vorherrschenden Trend, den Bau von Windrädern deutlich zu erleichtern, um die Energiewende zu schaffen. Für den regionalen Umweltverein ist es in dem konkreten Streitfall um die Windräder im Wald bei Ferch auch die letzte juristische Möglichkeit, Grundsatzfragen klären zu lassen. In Deutschland sind alle Instanzen durchlaufen. Um den Bau der Windkraftanlagen in dem Waldgebiet war jahrelang gerungen worden. Während sich die Gemeinde Schwielowsee, zu der Ferch gehört, früh dafür ausgesprochen hatte, klagte der Waldkleeblatt-Verein - auch mit Unterstützung der Stadt Werder/Havel - gegen die Genehmigung der Anlagen durch das Brandenburger Landesumweltamt.
Juristische Niederlage: Gericht wies Klage ab und lies keine Revision zu
Im vergangenen Jahr hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) die Klage abgewiesen. Seit dem 1. Oktober 2023 besteht Baurecht. Das OVG ließ auch keine Revision gegen die Klage zu. Dagegen wehrte sich der Verein und legte beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ein.
Das Bundesverwaltungsgericht hat inzwischen die Beschwerde als unzulässig verworfen und das vor allem so begründet: „Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache … setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in der Beschwerdebegründung nicht ansatzweise gerecht.“
Es sei nicht Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes, etwaige in Betracht kommende fallübergreifende Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung herauszuarbeiten. Deren Formulierung und die Darlegung ihrer „Entscheidungserheblichkeit“ obliege dem Beschwerdeführer, heißt es weiter in dem Beschluss zur Abweisung der Beschwerde.
Der Waldkleeblatt-Verein hat bisher betont, seine Kritik richte sich gegen den Bau von Windrädern in Wäldern. Für Ludwig ist das eine Grundsatzfrage, die auch auf den juristischen Prüfstand gehöre. „Das Bundesverfassungsgericht hat vor einiger Zeit festgestellt: Die Bundesrepublik tut zu wenig für den Klimaschutz“, sagte er. Gerade für den Kampf gegen den Klimawandel müssten Wälder aber einem besonderen Schutz unterliegen. „Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir die Wälder schützen“, so Ludwig.
„Wenn wir den Klimaschutz ernst nehmen, müssen wir die Wälder schützen.“
Winfried Ludwig
Vorsitzender des Vereins Waldkleeblatt