Windräder produzieren Atommüll

4, Dezember, 2022 - Lesezeit: 4 Minuten

Von Dr. Ludger Weß

Die neueste Generation von Windkraftanlagen hat kein Getriebe mehr, sondern einen Direktantrieb. Das, so schwärmt Prof. Dr. Ing. Friederich Klinger von der Forschungsgruppe Windenergie, ist die „Zukunft der Windkraft“.  Auf den ersten Blick haben die Anlagen mit Direktantrieb nur Vorteile: 60 % der Ausfälle deutscher Windkraftanlagen werden durch defekte Getriebe, Wellen, Kupplungen und den Generator verursacht. Direktgetriebene Anlagen haben diese Teile nicht. Sie laufen dadurch störungsfreier, benötigen auch keinen Getriebeölwechsel, ihre Energieausbeute ist höher und sie eignen sich daher wunderbar für schlecht zugängliche Offshore – Anlagen – alles bestens also?

Nicht ganz, denn die Vereinfachung zwingt zu anderen Generatoren. In konventionellen Windrädern mit Getriebe wird der Strom durch einen Elektromagneten erzeugt, dessen Drehgeschwindigkeit dank des Getriebes sehr hoch ist. Ohne Getriebe laufen die Generatoren dagegen mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Rotoren. Unter diesen Bedingungen benötigt man Ringgeneratoren.  Auch hier kann man Elektromagnete einsetzen, handelt sich damit aber wieder Nachteile in Form von Größe und Gewicht sowie Verschleißteilen (Schleifringe) ein. Viele Hersteller setzen daher statt eines Elektromagneten Permanentmagnete ein, die ein starkes Magnetfeld erzeugen, das eine nur 1,5 cm dicke Permanentmagnetscheibe eine 10-15 cm lange Kupferspule ersetzen kann. Einer Studie des Markforschungsunternehmens trend:research zufolge hatten 2009  40 % der neu installierten Anlagen ein Getriebe, aber weil die große Mehrheit der Hersteller an getriebelosen Anlagenkonzepten arbeitet, geht die Studie für Deutschland von einem drastischen Rückgang der Anlagen mit Getriebe aus. 2020 werden ca. 55 % aller dann vorhandenen Anlagen einen Direktantrieb haben. 

Um solche starken Permanentmagneten zu erzeugen, sind Metalle der so genannten Seltenen Erden nötig, vor allem Neodym, das zum Aufbau von starken Neodym-Eisen-Bor-Magneten genutzt wird. Als Faustregel gilt: Pro Megawatt Leistung benötigt ein Direktantrieb ca. 200 kg Neodym. Für eine 5MW-Anlage, wie sie etwa im alpha ventus Windpark vor Borkum eingesetzt wird, wird also eine Tonne Neodym benötigt. „Neodym ist aber ohne große Mengen radioaktiven Abfalls nicht zu haben, denn es kommt nur in chemischen Verbindungen vergesellschaftet mit anderen sog. Lanthanoiden vor- und mit radioaktiven Elementen, z.B. Thorium oder Uran“. Hier fangen die Probleme an: bei der Abtrennung vom Gestein entstehen giftige Abfallstoffe; bei der Aufkonzentrierung mittels Flotation entstehen Flotationsberge in Absinkbecken, von denen wiederum Schwermetalle, Giftstoffe und radioaktive Stoffe wie Uran und Thorium in gelöster Form ins Grundwasser oder als Stäube in die Luft gelangen können. Dammbrüche dieser Becken hätten katastrophale Folgen für die Umgebung. Auch aus dem Abraum können Schwermetalle sowie radioaktive Begleitstoffe ins Grundwasser gelangen.

Da das radioaktive Thorium derzeit nicht verwendet wird, häuft es sich rund um die chinesische Minen, aus denen derzeit 97 %  der Weltproduktion an Neodym stammt, in riesigen Mengen unter freien Himmel an: allein rund um den „See der seltenen Erden“, einem riesigen Auffangbecken für die wässrigen Abfallprodukte des Abbaus nahe der mongolischen Stadt Baotou, lagern bereits jetzt ca. 90.000 Tonnen Thorium. Chinesische Blogger berichten, dass seltene Erden nicht nur in den bekannten Minen um BayanObu stammt, sondern in großem Stil und illegal in etwa 4.000 Abbaustätten rund um Ganzhou der Provinz Jiangxi abgebaut wird. Aus Bayan Obu stammt etwa die Hälfte des in China produzierten Neodyms. Hinzu kommt, dass die Arbeitsbedingungen in den Minen größtenteils katastrophal, d.h. gefährlich und extrem gesundheitsschädigend sind.

Um sich von der chinesischen Monopolstellung unabhängig zu machen, wird in Australien ebenso wie in Kalifornien und Grönland darüber nachgedacht, vor Jahren stillgelegte Minen in Gebieten mit Vorkommen von Seltenen Erden wieder zu eröffnen.  Auch wenn Arbeitsschutz- u. Umweltstandards in diesen Minen besser sind als in China, regt sich in einigen Ländern bereits jetzt Widerstand von Umweltgruppen gegen die Wiederaufnahme der Förderung.